Wildbienen – Vielfalt in Gefahr

Weltweit gibt es etwa 30.000 verschiedene Wildbienenarten; in Deutschland leben zwischen 550 und 600 Arten. Sie konkurrieren mit dem Nutztier Honigbiene um Lebensraum und Nahrungsangebot, denn sie teilen deren Vorliebe für Blüten und energiereichen Nektar. Sie können jedoch von Honigbienen u. a. daran unterschieden werden, dass sie in der Regel keine Staaten bilden. Die Bestäubungsleistung der Wildbiene ist unerlässlich für Wildpflanzen, Obstbäume und Feldfrüchte.

Merkmale
Innerhalb der Insektenordnung der Hautflügler zählen Wildbienen (lateinisch: Apidae) zu der Familie der Bienen. Die vielen verschiedenen Arten unterscheiden sich in Gestalt und Aussehen. Sie kommen in vielfältigen Farben und Formen vor und können dabei auch leicht mit Wespen oder Schwebfliegen verwechselt werden. Wildbienen sind zwischen 1,3 Millimetern und drei Zentimetern groß. Die meisten Arten tragen einen flauschigen Pelz; dieser ist vor allem bei den nestbauenden Arten stark ausgeprägt. Die Färbung variiert in rot, braun, weiß, gelb oder orange. An den feinen Härchen bleiben besonders viele Pollen hängen, die zur Aufzucht der Brut benötigt werden. Es gibt jedoch auch einige Arten, die fast kahl sind.

Lebensraum und Nahrung
Die meisten Wildbienen sind laut BUND „Schönwetter-Insekten“. Sie bevorzugen warmes und trockenes Klima und schwärmen erst bei entsprechenden Temperaturen aus. Bei Regen, Wind oder wechselhaftem Wetter fahren sie ihre Aktivitäten hingegen zurück. Wildbienen sind in der Regel da anzutreffen, wo genügend blühende Pflanzen – möglichst abwechslungsreich – für Nahrung und Nestbau zur Verfügung stehen. Das können z. B. naturbelassene Gärten, blütenreiche Wegränder, Acker- und Wiesenbrachen, Flussauen oder Streuobstwiesen sein.
Nektar und Pollen stellen die einzige Nahrung von Wildbienen dar. Während sie Nektar hauptsächlich zur eigenen Energieversorgung aufnehmen und dabei weniger wählerisch sind, haben viele Arten sich hingegen auf die Pollen von ganz bestimmten Pflanzen spezialisiert. Diese Spezialisierung wird Oligolektie genannt. Polylektische Arten haben hingegen keine bestimmten Präferenzen und werden auch als Pollengeneralisten bezeichnet, zu denen auch die Honigbiene zählt. Der Transport der Pollen zum Nest erfolgt auf unterschiedliche Weise. Viele Arten sind Beinsammler, andere wiederum haben noch eine Art „Körbchen“ an der Hinterseite des Thorax. Es gibt auch Wildbienen, die mit einer „Bauchbürste“ den Pollentransport vollziehen oder die Pollen verschlucken und später im Nest wieder herauswürgen.

Lebensweise
Wildbienen lassen sich nach ihrer Lebensweise in drei große Gruppen einteilen: kollektiv und solitär lebende Arten sowie Kuckucksarten.
Kollektive Lebensweise
Die bekannteste Gruppe hierbei bilden die Bienen mit kollektiver Lebensweise. Dazu gehören auch die domestizierten Honigbienen und Hummeln. Im Gegensatz zu den solitär lebenden Bienenarten betreiben sie Brutpflege, nutzen ein gemeinsames Nest und bilden größere Bienenvölker mit einer strengen Hierarchie.
Solitäre Lebensweise
Die sogenannten Einsiedlerbienen machen unter den Wildbienen mit einem Anteil von 95 Prozent die größte Gruppe aus. Sowohl Weibchen als auch Männchen leben als Einzelgänger. In der Regel haben sie als Puppe überwintert und beginnen im Frühjahr selbst für Nachwuchs zu sorgen. Da sie nur eine geringe Lebenserwartung von wenigen Wochen haben, beginnen die Weibchen nach der Paarung sofort mit dem Nestbau und Sammeln von Nahrung. Sobald in einer Brutzelle ausreichend Pollen und Nektar eingelagert wurde, legt die Biene darin ein Ei ab und verschließt das Gelege mit einer Trennwand und legt weitere Brutröhren an. Man bezeichnet dieses Verhalten als Brutfürsorge.
Kuckucksbienen
Die dritte Gruppe hat sich darauf spezialisiert fremde Nester zur Aufzucht der eigenen Brut zu nutzen. Dabei legen sie ihre Eier in eine fremde Brutzelle (meist die von Solitärbienen), wenn die Besitzerin gerade auf Nahrungssuche ist. Die Zelle ist hierbei schon teilweise mit Nahrung gefüllt und fremde Eier oder sogar Larven können dabei ebenfalls zum Futtervorrat werden. Übersteigt die Anzahl an Schmarotzern die der Wirte, so bricht die Wirtspopulation im nächsten Jahr bei ungünstigen Verhältnissen zusammen. Auch alle Schmarotzer verschwinden dann. Einzelne Solitärbienen beginnen dann von neuem eine Population aufzubauen, in der dann über kurz oder lang erneut Kuckucksbienen zu finden sind.

Fortpflanzung
Da Wildbienen nur etwa vier bis sechs Wochen leben, bleibt ihnen nur wenig Zeit für die Fortpflanzung. Die Männchen solitärer Wildbienen schlüpfen zuerst und warten darauf, dass auch die Weibchen schlüpfen, um diese möglichst früh begatten zu können. Andere Arten treffen sich in der Nähe von Blüten, die von Weibchen bevorzugt werden.
Nach der Begattung beginnt das Weibchen ohne Hilfe von Artgenossen ihr Nest zu bauen. Die Männchen patrouillieren laut BUND vor den Nestausgängen. Bis zu 30 Brutzellen legt das Weibchen an und füllt sie mit allem, was die Larve später zum Gedeihen benötigt. Nach etwa einem Jahr krabbeln aus den Brutröhren ausgewachsene Wildbienen und der Kreislauf beginnt erneut.

Gefährdung und Gefahren
Wie für viele andere Insekten wird der Lebensraum auch für Wildbienen knapp. Es fehlt an Nistmöglichkeiten, geeignete Nahrungsquellen gehen zurück. Ursache für das weitweite Insektensterben ist der Mensch. Die Intensivierung der Landwirtschaft, der Einsatz von Insektiziden und Pestiziden, aber vor allem auch die zunehmende Bebauung von Flächen und Bodenversiegelung führen zum Verlust von wertvollen Lebensräumen. Statt Blütenvielfalt setzen sich vielerorts Monokulturen durch.
Die speziellen Anforderungen an Nahrung und Nistplätze macht das Überleben für viele Wildbienenarten schwer. Da Pollen und Nektar knapp werden, konkurrieren Wild- und Honigbienen miteinander um diese Ressourcen.