Siebenschläfer – Kletterkünstler und Schlafmütze

Siebenschläfer in Dachrinne

Der Kinderbuchautor Janosch brachte es in seinem Buch „Traumstunde für Siebenschläfer“ auf den Punkt: Darin verschläft der Siebenschläfer Piezke nahezu alle Abenteuer und wird nicht einmal wach, als ihn ein Greifvogel verschleppt. Auch im wahren Leben schlafen Siebenschläfer tagsüber und einen Großteil des Jahres, von Mitte September bis Anfang Mai. Deswegen bekommen wir sie eher selten zu Gesicht. Bei ihren nächtlichen Streifzügen können die maximal 200 Gramm schweren Tiere jedoch so viel Krach wie ein Einbrecher machen.

Siebenschläfer im Schuppen
Siebenschläfer können sich z. B. im Schuppen lautstark bemerkbar machen

Merkmale

Der Siebenschläfer (Glis glis) gehört zur Familie der Bilche (Schlafmäuse). Er ähnelt Eichhörnchen und Grauhörnchen, was vor allem an seinem Körperbau und dem langen buschigen Schwanz liegt. Im Gegensatz zu den heimischen rotbraunen Eichhörnchen ist sein Fell jedoch graubraun mit einer weiß gefärbten Bauchseite. Er ist 13 bis 18 Zentimeter groß, sein Kopf mausartig, mit rundlichen Ohren und auffallend großen schwarzen Augen.

Die klebrigen Sohlenballen an den Pfoten des Siebenschläfers funktionieren wie Saugnäpfe. Damit - und mit seinen scharfen Krallen - kann er mühelos senkrechte Wände und Bäume erklimmen und ist nur selten am Boden anzutreffen. Auf der Suche nach Nahrung klettert er bis in die Baumkronen.

Die Sinnesorgane des nachtaktiven Siebenschläfers haben sich bestens an seinen Schlaf-Wach-Rhythmus angepasst. Er kann exzellent hören und riechen, am besten ausgeprägt ist jedoch sein Tastsinn. Seine bis zu sechs Zentimeter langen Schnurrhaare sowie seine behaarten Tasthügel im Gesicht, an Kinn und Unterarmen helfen ihm bei der Orientierung im Dunkeln. So weiß er genau, ob er durch ein Schlupfloch durchpasst oder nicht. Er kann auch in der Dämmerung noch sehr gut sehen, bei völliger Dunkelheit verlässt er sich jedoch auf seine anderen Sinne.

Wird der Siebenschläfer von Fressfeinden am Schwanz gepackt, so kommt es zum sogenannten Schwanzhautverlust. An einer eigens dafür vorgesehenen Sollbruchstelle reißt die Haut mitsamt den Haaren ab und nur das Schwanzskelett bleibt zurück. Mit der Zeit trocknen diese hautlosen Wirbel aus und fallen ab. Dieser Trick funktioniert jedoch nur ein einziges Mal: Da der Schwanz nicht nachwachsen kann, bleibt er nun kürzer und nur das Endstück wird wieder mit Haut und Fell überdeckt.

Bucheckern
Bucheckern: Das Leibgericht der Siebenschläfer

Lebensraum und Nahrung

In Deutschland kommen Siebenschläfer in Mittelgebirgsregionen vor und manchmal auch in der nordwestdeutschen Tiefebene. Sie bevorzugen laut NABU naturnahe Laub- und Mischwälder mit einem hohen Anteil alter und hoher Bäume, in Nadelwäldern trifft man sie jedoch nicht an. Sie mögen auch Obstwiesen und Kleingärten – Hauptsache, sie finden hier genügend Möglichkeiten zum Verstecken und Schlafen, z. B. in Baumhöhlen oder im Unterholz.  

Die Leibspeise des Siebenschläfers sind Bucheckern. Zudem frisst er gerne Eicheln, Knospen und Nüsse, aber auch Beeren, Samen und Pilze. Er ist jedoch kein reiner Vegetarier und ergänzt seinen Speiseplan durch Insekten, Schnecken, Vogeleier und manchmal erbeutet er sogar junge Vögel.

Seine ausgesprochene Gefräßigkeit hilft dem Siebenschläfer dabei, sich im Herbst ein dickes Fettpolster für den langen Winterschlaf anzulegen. Je mehr Reserven er hat, desto höher ist seine Überlebenswahrscheinlichkeit, da die Tiere während des Winterschlafes zwischen 35 und 50 Prozent ihres Körpergewichts verlieren. Im September graben sie sich 50 bis 100 Zentimeter tief in den Boden ein, polstern ihr Winternest gut mit Laub und Moos aus und legen Vorräte an. Damit stillen die Siebenschläfer hauptsächlich ihren Bärenhunger nach dem Aufwachen im Frühjahr.

Siebenschläfer schläft
Der Siebenschläfer trägt seinen Namen nicht von ungefähr

Lebensweise und Fortpflanzung

Siebenschläfer sind Einzelgänger und verhalten sich ausgesprochen territorial. Ihr Revier wird vehement gegenüber Artgenossen verteidigt; lediglich zur Paarung dulden Männchen und Weibchen die Nähe zueinander. Tagsüber schläft der Nager in Erdlöchern, Baumhöhlen, Nistkästen und anderen Verstecken. Mit Einbruch der Dämmerung wird er aktiv und macht sich auf die Nahrungssuche.

Um die langen Monate während ihres Winterschlafs unter der Erde überleben zu können, fahren die Siebenschläfer ihren Stoffwechsel radikal herunter. Die Herzfrequenz fällt von 300 Schlägen pro Minute auf nur noch fünf bis zehn Schläge. Die Körpertemperatur sinkt auf fünf Grad Celsius und passt sich dabei der Umgebungstemperatur des Bodens an.

Ein- bis zweimal wird der Winterschlaf für kurze Aufwärm- und Aufwachphasen unterbrochen, um den so genannten Zelltod zu vermeiden. Bei etwa 20 Grad Celsius, meistens erst Anfang Mai, erwachen die Siebenschläfer wieder und verlassen ihre Schlafnester. Je nach Umgebungstemperatur kann die Dauer ihres Winterschlafes variieren.

Abgeholztes Waldgebiet
Die intensive Forstwirtschaft nimmt Siebenschläfern ihren Lebensraum

Gefährdung und Gefahren

Die natürlichen Fressfeinde des Siebenschläfers sind Hauskatzen, Marder und größere Eulen. Lange Winter können die Populationen erheblich verringern. In Deutschland zählt der Kletterkünstler nicht zu den gefährdeten Arten, auch wenn sich sein Vorkommen – vor allem im Norden Deutschlands – in den letzten Jahrzehnten verringert hat.

Durch die Intensivierung der Forstwirtschaft mussten intakte Mischwälder den eintönigen Nutzwäldern weichen, womit der Siebenschläfer keinen geeigneten Lebensraum mehr vorfindet.

In einigen Ländern werden die Siebenschläfer bis heute gegessen. In Slowenien gelten sie beispielsweise als seltene Spezialität und auch in manchen Teilen Italiens ist der Verzehr noch immer Tradition. Auf Englisch heißen Siebenschläfer „edible dormouse“ (übersetzt: essbarer Bilch), vermutlich sind die Tiere zu früheren Zeiten auch dort auf dem Tisch gelandet.

Hier in Deutschland werden Siebenschläfer zum Glück nicht verzehrt, sie können uns jedoch ziemlich nahekommen und auch zum Störenfried werden. Sie scheuen die Nähe des Menschen nicht und nisten sich in Dachböden, Gartenhäuschen, Nistkästen oder auf Obstplantagen ein. Auf letzteren können die Nager großen Schaden anrichten und werden dadurch oft gejagt, obwohl sie zu den geschützten Arten gehören. Man kann die Tiere jedoch mit dem Einsatz bestimmter Düfte – z. B. von Mottenkugeln, Räucherstäbchen und Weihrauch – sanft vertreiben.

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