Der Buntspecht – Musiker mit schmucken Federn
Seit 1971 küren NABU und der LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern) jedes Jahr einen Vogel des Jahres; mittlerweile wird deutschlandweit abgestimmt. 1997 war der „Große Baumhämmerer“, wie sein lateinischer Name Dendrocopos major in der wissenschaftlichen Übersetzung heißen müsste, der Vogel des Jahres. Der Trommelwirbel, den Buntspechte erzeugen, wenn sie auf einen Baum oder Ast schlagen, ist ihre Hauptart zu kommunizieren.
Merkmale
Der Buntspecht ist eine von neun Spechtarten, die in Deutschland vertreten sind, kommt jedoch am häufigsten vor. Er misst 23 bis 26 Zentimeter und ist damit in etwa so groß wie eine Amsel. Seinen Namen verdankt er seinem prächtigen Gefieder in den Farben Schwarz, Rot und Weiß. Der Kopf ist schwarz und weiß, das Männchen hat jedoch zusätzlich einen roten Fleck im Nacken. Jungvögel erkennt man an ihrem komplett roten Scheitel. Die Flügel sind schwarz und weiß, der Bauch hell und die Unterschwanzdecken rot.
Um sich am Baum festzuhalten oder zu klettern, hat der Buntspecht Kletterfüße mit einer Wendezehe, die - je nachdem, ob der Vogel herauf- oder hinunterklettert - eben gewendet werden kann. Außerdem dient ihm sein Stützschwanz wie ein dritter Fuß und gibt ihm am Stamm Sicherheit und Halt.
Sein Ruf ist ein kurzes „kix“, auch ein Schnarren kommt – vor allem bei Aufregung – vor. Erkennen kann man ihn jedoch typischerweise an seinem kurzen und häufigen Trommeln.
Lebensraum und Nahrung
Der Buntspecht kommt laut NABU im Nadel- und Laubwaldgürtel Eurasiens vor, von Südwesteuropa und Nordafrika bis Japan und Südostasien, von den Tieflagen bis in die Bergregionen. Deutschlandweit kann man ihn ganzjährig sowohl in Laub- und Nadelwäldern finden als auch in Parks, Kulturlandschaften mit Alleen, Windschutzstreifen oder kleinen Baumgruppen sowie Feldgehölzen und großen Gärten. Hauptsache, es gibt viel Alt- und Totholz - für ihn optimale Lebensräume mit ausreichend Nahrung und hohlen Bäumen als „Verstärker“ für sein Trommeln.
Er ernährt sich hauptsächlich von Insekten und deren Larven, die er im Totholz aufspürt und mithilfe seiner langen Zunge, die er bis zu 40 Millimeter weit vorstrecken kann, aus dem morschem Holz heraushackt.
Im Gegensatz zu seinen Verwandten verschmäht er auch pflanzliche Kost nicht, z. B. Fichten- und Kiefernsamen, Beeren, Nüsse und Früchte. Gelegentlich räubert er auch andere Nester und frisst die Eier anderer Vögel oder deren Jungen. Im Frühjahr wird in den Baumrinden Saft produziert; die Buntspechte trommeln den süßen Nektar, z. B. von Ahorn oder Birke, heraus und trinken ihn. Allein damit decken sie in den Frühlingsmonaten zwei Drittel ihres Nahrungsbedarfs ab.
Lebensweise
Buntspechte sind tagaktiv. Ihre innere Uhr lässt sie parallel zum Sonnenauf- und untergang wach werden und schlafen. Dementsprechend schlafen sie im Winter länger als im Sommer. Zum Schlafen ziehen sie sich in ihre selbst gebauten Höhlen zurück. Ein bekanntes Verhalten der Vögel nennt sich Spechtschmieden. Es besteht darin, in Rindenspalten von Bäumen Furchen zu zimmern und dort wie in einer Werkbank Nüsse oder Zapfen einzuklemmen. In diesen Spalten verbringen sie viel Zeit damit, die Nüsse zu öffnen und zu verspeisen. So ist es den Vögeln möglich, auch solche Lebensräume zu besiedeln, die nur ein geringes Angebot an tierischer Nahrung haben, dafür aber - zumindest zeitweise - große Mengen pflanzlicher Nahrung. Buntspechte haben eine Lebenserwartung von bis zu 15 Jahren.
Um sich Gehör zu verschaffen, sucht der Buntspecht ein weithin tönendes Instrument mit einem guten Resonanzkörper. Im Wald sind dies gewöhnlich Äste oder auch ein Baumstamm. Der Vogel lässt sich darauf nieder, plustert sein Gefieder und senkt den Schnabel lotrecht auf sein ausgewähltes Instrument. Dann schlägt er seinen Wirbel, der sich in Rhythmus, Länge, Schlagzahl sowie zeitlichem Abstand zwischen den Schlägen von dem anderer Spechtarten unterscheidet. Auch Buntspecht-Männchen und -Weibchen haben einen anderen Trommelwirbel, gewöhnlich sind die Wirbel der Weibchen etwas kürzer.
Buntspechte sind die Tischler des Waldes. Mit ihrem kräftigen Meißelschnabel zimmern sie ihre eigenen Höhlen, aber auch die für die Brut der Kohl- und Tannenmeise, der Hohltaube sowie des Sperlingskauzes. Überhaupt hätten all die Höhlenbewohner von der Waldmaus und den Fledermäusen über die Eichhörnchen und Siebenschläfer bis zu den Bienen ohne ihn kein Zuhause. Sie suchen für ihr Trommeln faule Äste und Stämme, wo sie nicht viel Kraft aufwenden müssen. Außerdem fängt ihr Schnabel die Wucht des Schlages auf.
Fortpflanzung
Das Trommeln ist außerdem ein Signal, mit dem der Buntspecht sein Revier markiert und auf Partnersuche geht. Ab Ende März fängt das Männchen mit dem Bau mehrerer Höhlen an, bevor es sich für eine entscheidet und diese fertigstellt. In dieser Zeit trommelt es besonders viel, um Weibchen anzulocken. Auch die Weibchen melden sich per Trommelwirbel, wenn sie sich im Revier eines Männchens befinden, um auf sich aufmerksam zu machen.
Die Weibchen legen vier bis sieben weiße Eier, die etwa 11 bis 13 Tage lang ausgebrütet werden. Ein Nest bauen die Tiere dafür nicht. Sie lassen einfach Holzspäne aus ihren Schmiedearbeiten auf dem Boden liegen und haben so eine weiche saugfähige Unterlage für die Jungen. Das morsche Holz wirkt wie Styropor und ist damit wärmedämmend.
Die Jungvögel werden etwa 3 bis 4 Wochen lang gefüttert, bis sie das erste Mal ausfliegen, und danach noch bis zu zehn Tage ernährt. Dabei kommen unter anderem Käfer, deren Larven, Raupen und Ameisen als Futter in Frage.
Wenn die Eltern ausfliegen, nehmen sie den Kot der Jungtiere mit. So bleibt die Bruthöhle sauber und bietet den wachsenden Jungvögeln mehr Platz. Meist versorgen die Buntspechte nur eine Brut pro Jahr.
Gefährdung und Gefahren
In Deutschland leben zwischen 450.000 und 900.000 Brutpaare. Jedes davon hat einen Aktionsraum von bis zu 60 Hektar. Die Population ist stabil und daher nicht gefährdet. Dennoch unterliegt der Buntspecht laut Bundesnaturschutzgesetz dem Artenschutz; weder seine Brutplätze noch Lebensräume dürfen zerstört werden. Er hat allerdings zahlreiche Fressfeinde, z. B. Marder, Uhus, Sperber, Wanderfalken, Katzen und Ratten, die vor allem auf ihr Gelege und die Jungvögel zielen. Außerdem zerstört der Mensch durch die Abholzung der Wälder den natürlichen Lebensraum der Vögel.
Spechte gibt es nur da, wo lebendige und vielfältige Wälder gedeihen. Deshalb sollte man sich für naturnahe Wälder sowie für ein naturverträgliches, bedachtes Aufforsten der durch den Borkenkäfer und die Hitze zerstörten Waldflächen einsetzen. Es sollte mehr Totholz im Wald gelassen und auf den Einsatz von Gift verzichtet werden, damit die Spechte und ihre Nahrung gesund bleiben.